"Es gibt noch einige offene Fragen. Zum Beispiel ist unklar, ob eine eigenständige Versicherungspolice notwendig sein wird oder ob bestehende Policen angepasst werden können."
Gregor Stimpfl, Assiconsult
Gregor Stimpfl, Assiconsult
Das Interview
Naturkatastrophen: Versicherung für Betriebe wird bald Pflicht
UNTERNEHMEN: Versicherungsexperte Gregor Stimpfl erklärt, was vorgesehen ist und warum er einen Aufschub für möglich hält.
BOZEN. Die Überschwemmungen der vergangenen Tage, in Österreich aber auch in Italien, haben einmal mehr deutlich vor Augen geführt, wie schnell man sein Hab und Gut verlieren kann. Weil solche Extremwetterereignisse voraussichtlich zunehmen werden, müssen sich in Italien Unternehmen künftig gegen Naturkatastrophen versichern. Die wichtigsten Details der neuen Versicherungspflicht erklärt Gregor Stimpfl, CEO des Versicherungsbrokers Assiconsult.
Dolomiten: Herr Stimpfl, betrifft diese Versicherungspflicht alle Unternehmen?
Gregor Stimpfl: Der aktuelle Entwurf sieht vor, dass alle Unternehmen mit Sitz oder Betriebsstätte in Italien, die im Handelsregister eingetragen sind, der Versicherungspflicht unterliegen. Landwirtschaftliche Betriebe sind hingegen derzeit, sofern keine kurzfristigen Änderungen vorgenommen werden, von dieser Regelung ausgenommen.
Dolomiten: Was muss versichert werden und gegen welche Gefahren?
Stimpfl: Versichert werden müssen Grundstücke, Gebäude sowie technische Anlagen, Maschinen und gewerbliche Ausstattungen, wie im Artikel 2424 des italienischen Zivilgesetzbuches festgelegt. Die Versicherungspflicht ist daher ziemlich umfassend. Die Versicherung deckt Risiken wie Hochwasser, Überschwemmungen, Erdrutsche und Erdbeben ab. Bei Versicherungssummen bis zu 30 Millionen Euro darf der Selbstbehalt nicht mehr als 15 Prozent des Schadens sein.
Dolomiten: Die Versicherungspflicht wurde mit dem letzten Haushaltsgesetz eingeführt, demnach sollte sie mit dem 31. Dezember 2024 in Kraft treten. Können Sie bestätigen, dass diese Frist eingehalten wird?
Stimpfl: Angesichts der Komplexität des Themas und seiner wirtschaftlichen Bedeutung könnte sich die endgültige Verabschiedung verzögern. Sobald der Text von den zuständigen Behörden, darunter der italienischen Versicherungsaufsichtsbehörde, geprüft wurde, ist es möglich, dass der Staatsrat involviert wird. Eine Verschiebung auf Anfang 2025 ist daher wahrscheinlich.
Dolomiten: Laut einem Bericht des Versicherungsverbandes ANIA sind in Italien nur 5 Prozent der Unternehmen gegen Naturkatastrophen versichert. Wie sieht es in Südtirol aus?
Stimpfl: Im europäischen Vergleich war und ist Italien ein Land mit einer relativ geringen Durchdringung von Versicherungsprodukten. Sowohl bei den kleinen und mittelgroßen Unternehmen als auch im privaten Sektor ist die Neigung, sich gegen Risiken abzusichern, weiterhin niedriger als im europäischen Durchschnitt. Südtirol gehört in dieser Hinsicht traditionell zu den Vorreitern in Italien. Sowohl größere als auch kleinere Unternehmen investieren hier verstärkt in Sicherheit und Versicherungen. Viele Unternehmer haben hier bereits einen Versicherungsschutz für diese Risiken abgeschlossen.
Dolomiten: Ist der Versicherungsmarkt bereit für diese Neuerung?
Stimpfl: Das bleibt abzuwarten. Auch wenn der Entwurf in den letzten Monaten in Zusammenarbeit mit dem italienischen Versicherungsverband ANIA weiterentwickelt wurde, gibt es noch einige offene Fragen. Zum einen ist unklar, ob eine eigenständige Versicherungspolice notwendig sein wird oder ob bestehende Policen angepasst werden können. Zum anderen muss sichergestellt werden, dass die Versicherer die Pflicht nicht ausnutzen, indem sie überhöhte Prämien verlangen, die Risiken abdecken, die nicht überall in Italien dieselben sind.
Dolomiten: Mit welchen Kosten müssen Unternehmen ungefähr rechnen?
Stimpfl: Wie sich die neue Versicherungspflicht auf die Prämien auswirken wird, ist derzeit noch unklar. Es ist jedoch zu erwarten, dass durch die steigende Anzahl an Versicherten die Prämien tendenziell sinken könnten.
Dolomiten: Nachdem noch einige Fragen offen sind: Was raten Sie Unternehmern zum jetzigen Zeitpunkt?
Stimpfl: Unser Rat wäre, zunächst die endgültige Genehmigung des Dekrets abzuwarten, da bis zur Verabschiedung noch Änderungen möglich sind. Auch die Versicherungsunternehmen warten derzeit auf die Freigabe der standardisierten Policen durch das Ministerium.
Dolomiten: Welche Strafen drohen Unternehmen, die dieser neuen Versicherungspflicht nicht nachkommen?
Stimpfl: Das Gesetz sieht strenge Sanktionen vor. Sie reichen von Geldstrafen zwischen 100.000 und 500.000 Euro bis hin zum Ausschluss von Förderungen und öffentlichen Beiträgen.
Gregor Stimpfl: Der aktuelle Entwurf sieht vor, dass alle Unternehmen mit Sitz oder Betriebsstätte in Italien, die im Handelsregister eingetragen sind, der Versicherungspflicht unterliegen. Landwirtschaftliche Betriebe sind hingegen derzeit, sofern keine kurzfristigen Änderungen vorgenommen werden, von dieser Regelung ausgenommen.
Dolomiten: Was muss versichert werden und gegen welche Gefahren?
Stimpfl: Versichert werden müssen Grundstücke, Gebäude sowie technische Anlagen, Maschinen und gewerbliche Ausstattungen, wie im Artikel 2424 des italienischen Zivilgesetzbuches festgelegt. Die Versicherungspflicht ist daher ziemlich umfassend. Die Versicherung deckt Risiken wie Hochwasser, Überschwemmungen, Erdrutsche und Erdbeben ab. Bei Versicherungssummen bis zu 30 Millionen Euro darf der Selbstbehalt nicht mehr als 15 Prozent des Schadens sein.
Dolomiten: Die Versicherungspflicht wurde mit dem letzten Haushaltsgesetz eingeführt, demnach sollte sie mit dem 31. Dezember 2024 in Kraft treten. Können Sie bestätigen, dass diese Frist eingehalten wird?
Stimpfl: Angesichts der Komplexität des Themas und seiner wirtschaftlichen Bedeutung könnte sich die endgültige Verabschiedung verzögern. Sobald der Text von den zuständigen Behörden, darunter der italienischen Versicherungsaufsichtsbehörde, geprüft wurde, ist es möglich, dass der Staatsrat involviert wird. Eine Verschiebung auf Anfang 2025 ist daher wahrscheinlich.
Dolomiten: Laut einem Bericht des Versicherungsverbandes ANIA sind in Italien nur 5 Prozent der Unternehmen gegen Naturkatastrophen versichert. Wie sieht es in Südtirol aus?
Stimpfl: Im europäischen Vergleich war und ist Italien ein Land mit einer relativ geringen Durchdringung von Versicherungsprodukten. Sowohl bei den kleinen und mittelgroßen Unternehmen als auch im privaten Sektor ist die Neigung, sich gegen Risiken abzusichern, weiterhin niedriger als im europäischen Durchschnitt. Südtirol gehört in dieser Hinsicht traditionell zu den Vorreitern in Italien. Sowohl größere als auch kleinere Unternehmen investieren hier verstärkt in Sicherheit und Versicherungen. Viele Unternehmer haben hier bereits einen Versicherungsschutz für diese Risiken abgeschlossen.
Dolomiten: Ist der Versicherungsmarkt bereit für diese Neuerung?
Stimpfl: Das bleibt abzuwarten. Auch wenn der Entwurf in den letzten Monaten in Zusammenarbeit mit dem italienischen Versicherungsverband ANIA weiterentwickelt wurde, gibt es noch einige offene Fragen. Zum einen ist unklar, ob eine eigenständige Versicherungspolice notwendig sein wird oder ob bestehende Policen angepasst werden können. Zum anderen muss sichergestellt werden, dass die Versicherer die Pflicht nicht ausnutzen, indem sie überhöhte Prämien verlangen, die Risiken abdecken, die nicht überall in Italien dieselben sind.
Dolomiten: Mit welchen Kosten müssen Unternehmen ungefähr rechnen?
Stimpfl: Wie sich die neue Versicherungspflicht auf die Prämien auswirken wird, ist derzeit noch unklar. Es ist jedoch zu erwarten, dass durch die steigende Anzahl an Versicherten die Prämien tendenziell sinken könnten.
Dolomiten: Nachdem noch einige Fragen offen sind: Was raten Sie Unternehmern zum jetzigen Zeitpunkt?
Stimpfl: Unser Rat wäre, zunächst die endgültige Genehmigung des Dekrets abzuwarten, da bis zur Verabschiedung noch Änderungen möglich sind. Auch die Versicherungsunternehmen warten derzeit auf die Freigabe der standardisierten Policen durch das Ministerium.
Dolomiten: Welche Strafen drohen Unternehmen, die dieser neuen Versicherungspflicht nicht nachkommen?
Stimpfl: Das Gesetz sieht strenge Sanktionen vor. Sie reichen von Geldstrafen zwischen 100.000 und 500.000 Euro bis hin zum Ausschluss von Förderungen und öffentlichen Beiträgen.